Schnee, BMWs und Superreiche: Eindrücke aus Davos – Ein Artikel der LobbyControl e.V.

 

 

Lieber Roland Saurer,

wir kommen gerade voller Eindrücke zurück vom Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos. Das einseitige Lobbyforum, bei dem Konzernchefs- und eigentümer jedes Jahr mit führenden Politiker:innen aus aller Welt zusammenkommen, hat bei uns bleibende Wirkung hinterlassen.

Mit diesem Newsletter möchten wir Ihnen einen kleinen Einblick in die Welt der Superreichen, des Weltwirtschaftsforums und der Einwohner:innen der Stadt Davos geben.

Lesen Sie hier mehr zu unseren Eindrücken aus Davos!

In den Straßen von Davos kann man deutlich sehen, wie Konzerne die kleine Stadt in den Schweizer Alpen übernehmen. Die meisten Geschäfte auf der Davoser Hauptstraße räumen für die WEF-Woche ihre Geschäfte leer. Gemietet werden sie von Konzernen, die während des WEF einen Versammlungsort brauchen.

Zusätzliche Gebäude für Konzerne werden aus dem Boden gestampft. Dort, wo sonst ein Imbiss, ein Friseur oder ein Sportgeschäft sind, haben zum WEF Blackrock, Meta oder der digitale Überwachungskonzern Palantir ihre Showrooms. Hinzu kommen zusätzliche Gebäude, die für Konzerne und das Weltwirtschaftsforum gebaut werden. Das erzählte uns unser Davoser Gastgeber.

In Davos sind zur Zeit des WEF alle Hotels ausgebucht. Um von dem WEF profitieren zu können, fügen immer mehr Vermieter:innen problematische Klauseln in die Mietverträge der Davoser ein. Sie sehen vor, dass Mieter:innen jeden Januar für circa drei Wochen ausziehen müssen, damit die Wohnungen an reiche WEF-Teilnehmende vermietet werden können. Natürlich für deutlich höhere Preise. Das WEF hat somit auch seinen Preis für diejenigen, die normalerweise in Davos leben.

Das ist problematisch und für die Menschen in Davos höchst ärgerlich. Hinzu kommt das Verkehrschaos: Weil sämtliche CEOs mit ihren BMWs und Mercedes von Termin zu Termin fahren, steht ganz Davos für fünf Tage im Stau.

Auf dem Foto sind unsere Kollegen Max Bank und Felix Duffy vor einem Showroom von Amazon in Davos zu sehen.

Hier mehr zum problematischen Geschäftsmodell des WEF lesen

Nicht nur das Stadtbild von Davos ist von Konzernen geprägt, sondern gerade auch die Tagesordnung des Weltwirtschaftsforums selbst. Die sogenannten Partner des WEF sind alle Unternehmen. Dabei gibt es unterschiedliche Qualitäten von Partnerschaften, die unterschiedlich viel kosten. Sogenannte strategische Partnerschaften können bis zu drei Mio. Euro kosten. Die Partner bekommen Plätze auf Panels und haben besonders viel Gestaltungsspielraum bei den Inhalten.

Neben den offiziellen Inhalten des Forums geht es vor allem um den informellen Austausch, der nach dem WEF-Programm in den Hotels und in den angemieteten Bars und Räumlichkeiten außerhalb des Kongresszentrums stattfindet. Wenn man abends durch die Straßen von Davos geht, sieht man überall vor den Bars Securities stehen, die dafür sorgen, dass nur geladene Gäste hineinkommen. Gewöhnliche Gäste haben hier keinen Zutritt.

Obwohl wir ein halbes Jahr lang versucht haben, Zugang zum Weltwirtschaftsforum zu bekommen, haben sich die Organisator:innen des Weltwirtschaftsforums nie bei uns zurückgemeldet. Lediglich zum sogenannten „Open Forum“, einer Art Feigenblattveranstaltung für die Zivilgesellschaft, wurden wir zugelassen. Dieses findet in einer Nebenstraße abseits des WEF-Geländes in einer Grundschule statt. Kritische Zivilgesellschaft kommt beim WEF nur am Katzentisch zu Wort.

Hier lesen Sie mehr zum problematischen Geschäftsmodell des WEF

Das WEF zeigt überdeutlich, woran viele gesellschaftspolitische Prozesse kranken: Sie verschaffen jenen einen privilegierten Zugang, die ohnehin schon mit vielen Ressourcen die Politik beeinflussen. Das WEF organisiert systematisch einseitige Debatten. Das ist aus demokratischer Perspektive problematisch.

Politische Entscheidungen gehören in die demokratisch gewählten Parlamente und nicht an den Kamin in Davos. Statt des WEF brauchen wir andere, offene und ausgewogene Austauschformate.

Herzliche Grüße
Max Bank und Felix Duffy, LobbyControl

 

Quelle: LobbyControl e.V.

Autoren: Max Bank

               Felix Duffy