Armut als Ernährungsrisiko, Mangel-Ernährung als Armutsrisiko

Gibt es Ernährungsarmut in einem reichen Land?

Auch in einem reichen Land wie Deutschland und in Baden-Württemberg gibt es Ernährungsarmut. Das stellt der Gesellschaftsreport Baden-Württemberg in einer Studie aus dem Jahr 2023 fest (GesellschaftsReport des statistischen Landesamts FaFo Familienforschung BW, S.1). Rund ein Zehntel der Bevölkerung (D 10,5%, BaWü 10,5%) können sich nicht an jedem zweiten Tag eine Mahlzeit mit Fleisch, Geflügel, Fisch oder eine hochwertige vegetarische Mahlzeit leisten. Armutsgefährdete Personen sind überdurchschnittlich ernährungsarm (BaWü: 25%, D:22,5%). Zu den wesentlichen Ursachen zählen: die finanzielle Lage und sozioökonomischer Status (z.B. Bezug von Bürgergeld, Grundsicherung, Herkunft, Bildung. (ebd., S.6f).

Wie wirkt sich Ernährungsarmut für die betroffenen Menschen aus?

  • Ungesunde Ernährung. Reduktion regelmäßiger und gesunder Ernährung und „hidden hunger“. Am Essen lässt es sich leichter sparen als an Fixkosten (z.B. Miete).
  • Aufsuchen karitativer Essensausgaben und Wärmestuben.
  • Besonders bei Kindern: Zu wenig oder schlechtes Frühstück.
  • Einschränkung psychischer Gesundheit und sozialer Teilhabe. Gemeinsames Treffen beim Essen ist nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt möglich.
  • Überdurchschnittliche Fehl- und Mangelernährung mit erheblichen Risiken für die körperliche Gesundheit: Diabetes, Übergewicht, Übergewicht.

Was kann gegen Ernährungsarmut getan werden?

  • Sozialleistungen reichen auch nach der Erhöhung des BG-Regelsatzes nicht für eine gesunde Ernährung aus. (enorm gestiegenen Lebensmittelpreise und einer unzureichenden Berücksichtigung der Lebensmittel in der Regelsatzberechnung. Bereits moderate Anpassung kann helfen (S.9).
  • Tafeln sind zwar notwendig, müssen aber ein „zusätzliches“ Angebot bleiben, auch wenn sie ein fester Bestandteil im System geworden sind.
  • Es gibt viele verschiedene Angebote, z.B.: Quartiertreffs, Wärmestuben, Bildungs- und Selbstversorgungsprojekte. Für alle soll gelten:
  • Gute Ernährung ist ein Grundrecht! Sie muss als zentrales Qualitätsmerkmal für alle Einrichtungen und Projekte aufgewertet werden. Bei der Umsetzung der Angebote darf nicht die Bedürftigkeit im Vordergrund stehen – mit der Folge einer Reproduktion von Scham, Stigmatisierung und weiterer sozialer Ausgrenzung (ebd. S.19). Es geht vielmehr um die Person und um Augenhöhe. „Jeden und Jede kann es treffen“.
  • Partizipation!

„Projekte, die gemeinschaftlich mit ernährungsarmen Personen organisiert werden, haben sich langfristig als wirksamer erwiesen als Projekte, die nicht beteiligungsorientiert angelegt waren (Hoebel et al. 2022, in: ebd., S.19).

Weiterlesen: https://sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-sm/intern/downloads/Downloads_Familie/GesellschaftsReport_BW_1-2023_barrierefrei.pdf;

Treffen mit Vertreter*innen der französischen Initiative „Securité Sociale de l’alimentation“ (SSA, Lucie Dubois, Strasbourg) und dem Bündnis „die Agronauten“ (Peter Volz, Freiburg) 

Bei den beiden Treffen im Dezember 2024 ging es darum, die Themen der Initiativen kennenzulernen. Die Initiativen haben zum Ziel, Probleme im Zusammenhang mit dem Recht auf gute Nahrung zu bearbeiten und zu verbessern.

Themen und Ziele:

  • Der Lebensmittelverschwendung entgegenwirken.
  • Zugang zu guter Nahrung auch für armutsbetroffene Menschen. Lokale und „Bio“- Produkte müssen für Alle zugänglich sein und nicht nur für „Eliten“.
  • Das erfordert neues Denken zur Veränderung nachhaltiger Produktionssysteme und Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft. Diese müssen erschwinglich aber auch  rentabel sein.
  • Die Ideen rund um das Thema „Recht auf Nahrung“ und einer neuartigen „Ernährungskasse“ und „Ernährungskarte“ werden in Form eines Comics erzählt:

Weiterlesen:

Ergebnise:

– Ausbau der Kontakte mit der „SSA Strasbourg“ und den „Agronauten Freiburg“.

– Thema Ernährung als Thema eines Bildungs-Camps der lak-Ba-Wü nw1.

– Austausch mit Politiker*innen zum Thema „Gerechte und nachhaltige Ernährung“.