Gez. Roland Saurer. Sprecher lak-bw
Pressemitteilung, den 23.08.2023
Rassismus aus Gesetzen streichen! Offener Brief an die Landesregierung
von MV anlässlich 30 Jahre sog. „Asylkompromiss“
Anlässlich des Gedenkens an das Pogrom in Rostock-Lichtenhagen haben
mehrere zivilgesellschaftliche Organisationen am heutigen 22. August
einen offenen Brief an die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern
geschickt. Wir mit weitere Organisationen fordern rassistische Gesetze,
die seit den frühen 1990er Jahren bestehen, abzuschaffen.
Im Brief heißt es das Pogrom in Rostock-Lichtenhagen sei eine der
Voraussetzungen für die Gesetzesverschärfungen des sog.
„Asylkompromisses“ gewesen, der kurz nach dem Pogrom gefasst wurde und
vor 30 Jahren in Kraft trat. Und weiter:
„Die Politik vertrat damals wie heute die falsche Auffassung, dass sich
geflüchtetenfeindlicher Rassismus bekämpfen lässt, indem man die
Betroffenen dieses Rassismus aus dem Blickfeld der Rassist:innen
schafft, indem man die Grenzen abschottet und den Abschiebedruck
intensiviert. Diese Annahme ist falsch: Menschen lassen vor allem dort
von rassistischen Haltungen ab, wo sie selbst merken, dass diese falsch
sind. „
Im Offenen Brief fordern wir Organisationen von der Landesregierung
Mecklenburg-Vorpommern proaktives Handeln auf Bundesebene zur
Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes, die Abschaffung sog.
„Sichere Herkunftsländer“ im Asylgesetz und ein Ende von
Dublin-Abschiebungen.
„In Mecklenburg-Vorpommern sehen wir durch die Notwendigkeit der
Aufarbeitung und Erinnerung an das Pogrom in Rostock-Lichtenhagen eine
besondere Verantwortung, uns die Kontinuitäten des institutionellen
Rassismus bewusst zu machen, der auf die Gewalt der 1990er Jahre
folgte“, so Hanna Berth von der Initiative Pro Bleiberecht. „Wir fordern
die Landesregierung daher auf, ihrem selbstgewählten Slogan aus dem
Koalitionsvertrag „Stabil gegen Rassismus“ gerecht zu werden und ihren
Handlungsspielraum zu nutzen und aktiv am Verändern mitzuwirken. Denn
Erinnern heißt Vereändern!“
Hintergrund
Vom 22.-26. August 1992 griffen in Rostock-Lichtenhagen mehrere hundert
Neonazis unter dem Beifall rassistischer Anwohnender die
Erstaufnahmestelle für Asylsuchende und eine Unterkunft ehemaliger
Vertragsarbeiter:innen an. Nach einem jahrelang durch Rechte und
Konservative etablierten Diskurs unter dem Schlagwort „das Boot ist
voll“ und nahezu täglichen Angriffen auf Migrant:innen und ihre Wohnorte
mündete der Rassismus der 1980er und 90er Jahre auf institutioneller
Ebene im sog. „Asylkompromiss“. Die darin enthaltenenen Verschärfungen
gossen rassistische Vorurteile in Gesetzeform. Viele dieser Gesetze
gelten bis heute. Auch der Reflex rassistischer Mobilisierung mit
rassistischen Gesetzen entgegenzukommen ist bis heute zu beobachten,
jüngst beispielsweise in den Vorstößen des SPD-geführten
Bundesinnenministeriums zur Verschärfung der Abschieberegelungen und der
deutschen Zustimmung zur Verschärfung des „Gemeinsamen Europäischen
Asylsystems“ (GEAS).
Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne unter folgenden Kontaktdaten zur
Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Jibran Khalil
Offener Brief anlässlich Lichtenhagen-Gedenken an die Landesregierung