Positionserklärung der Lak-bw vom 25.06.2022

Sehr geehrte Mitglieder des Sozialausschusses des Landtages,
wir senden Ihnen in der Anlage die Positionserklärung der Lak-bw vom 25.06.2022 zu.
Sie trägt den Titel „Empört Euch!  Wir tun es bereits!“ und beschäftigt sich mit den Folgen der Pandemie, des Ukrainekrieges, der massiven Verteuerungen von Energie und Nahrungsmitteln und den mangelhaften Leistungen an die Menschen in Armutslagen und in prekären Lebensverhältnissen.
Diese Erklärung erfolgt auch an das Sozialministerium und an diverse Netzwerke und Partner in der Landesarmutskonferenz.
Sie ist auch gedacht als Beitrag zur Enquetekommission und für den Beirat des Sozialministeriums am kommenden Dienstag, den 05.07.2022.
Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie unsere Erklärung aufgreifen und sich einem Ratschlag in Baden-Württemberg anschliessen, der sich mit den Folgen für unser Bundesland beschäftigt. 
Herzlichen Gruss,
 
Roland Saurer
Sprecher der lak-bw
 

Positionserklärung der Lak-bw vom 25.06.2022
 

Empört Euch! Wir tun es bereits! Widerstand den herrschenden Zeiten und Verhältnissen!

 

Wir haben uns in der lak-bw über mehrere Wochen mit den Teuerungen von Lebensmitteln, Benzinpreisen, Energiepreisen und mit den Unterstützungspaketen der Bundesregierung auseinandergesetzt. Wir haben aus unseren Diskussionen und schriftlichen Darstellungen unsere Position zur derzeitigen Lage zusammengefasst.

Bereits kurz  vor dem Start des Ukrainekrieges, sowie bereits im Jahr 2021 gab es Überlegungen wie mit den steigenden Preisen und der Krise aus Corona etc. umgegangen werden sollte.

Die Pläne bezogen sich auf :

  • Preisdeckelung
  • Niedrige Mehrwertsteuer
  • EEG Umlage
  • Zuschuss für Niedrigverdiener
  • Höheres Hartz IV
  • Heizkostenzuschuss
  • Pendlerpauschale
  • Klimageld

Was dann der Ukrainekrieg für ganz Europa mit sich bringt, ist allen zwischenzeitlich klar. Die Alarmstufe II in der Energieversorgung von 23.06.22 bestätigt, dass die Frage der Energiepreise und die gefährdete Versorgung mit Gas und Öl eine tiefe Krise für unsere Ökonomie und die Gesellschaft darstellen wird.

Menschen in prekären finanziellen Lagen  – das sind heute viele Haushalte bis weit in die Unter- und Mittelschicht hinein – werden mit den Preissteigerungen für Lebensmittel, Mieten, Heizung, den Grundkosten der Gesundheit, der Bildung, der Information, der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben immer weniger klar kommen.

Am 21.6.22 nannte die TAZ Berlin als „Zahl des Tages 33,6 %“. Dies bezieht sich auf Erzeugerpreise  im Jahresvergleich 2021-  2022; die Preise für Energie liegen um dramatische 87, 1 % über denen aus dem Vorjahr.

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Dies bedeutet eine absolute Krise des Lebens in Armutshaushalten, auch in Baden-Württemberg; dies ist eine Zeitenwende in der sozialen Sicherheit. Es sind bislang ungekannte Veränderungen der Lebensgrundlagen von Menschen allen Alters in Deutschland und Europa..

Die Pandemiezeiten 2020 – 2022 und der Ukrainekrieg seit Februar 2022 lösen bei Menschen in Armut und Prekarität neue soziale Erfahrungen aus, die wir nach unserer Diskussion zusammenfassen.

Es sind drei Bereiche, die im wesentlichen genannt werden:

  • Gesellschaftlicher Wandel
  • Veränderungen und Forderungen der Menschen in Armutslagen
  • Sofort-Massnahmen

 

Zum gesellschaftlichen „Klima“-Wandel wird von Menschen aus dem Arbeitskomitee der lak-bw genannt:

  • Eine neue Klassengesellschaft entsteht, eine radikale Reduktion der Solidaritäten der Menschen untereinander, Risikogesellschaft pur. Egoismus statt Teilen, das ist die Erfahrungen der Prekären.
  • Exklusion als deutliches Merkmal der Zeit. „Arme als Abschaum, als überflüssiger Teil der Gesellschaft“. Unterversorgt, nicht beachtet, keine Wählerschaft.
  • Früher gab es noch Waren, die man sich leisten konnte, heute zumeist Waren, die Luxus und teuerste Bereiche berühren.
  • Zunehmende Spaltung der Gesellschaft in Reiche und Arme. Im Jahr 2021 erhöhte sich die Zahl der Vermögensmillionäre weltweit auf 22,5 Millionen, sie besitzen zusammen 82 000 Milliarden Euro. Tendenz steigend. Der Reichtum prägt den globalen Norden, die Armut den globalen Süden.
  • Wir fordern ein Ende des Sozialabbau, Billigjobs, working poor, Unterbezahlung und Ausbeutung!
  • Mehr Klimaflüchtlinge, ein Krieg in Europa mit den Folgen für Millionen in der Ukraine, die ins Ausland fliehen: Wir fordern ein Ende der Status- Unterschiede von Flüchtlingen in unserem Land. Weg mit den Asylbewerber-Sondergesetzen und Ghettoisierung der Geflüchteten.
  • Ernährung wird zur Dauer-Krise, Verteuerungen der Nahrungsmittel um derzeit bis zu 40 %. Das bedeutet, dass Ernährung als Grundrecht für ein gutes Leben, endgültig zur Illusion wird.

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 Grund-Forderungen der lak-bw:

  • Menschenrechtsorientierung der Politik, Klarheit der Sprache und Entscheidungen.
  • Menschenrecht auf Arbeit, Bildung, Gesundheit, Wohnen, Mobilität, Partizipation. Z. b. kann nicht die Wohnung bereits mehr als die Hälfte des Einkommens kosten, (650.- Euro in Villingen bei 1250.- Euro Verdienst). Anderseits müssen die Kosten der Unterkunft (KdU), die das SGB II anerkennt, dem Markt angepasst sein und nicht dem Sparinteresse des Staates.

 

  • Behindertenintegration pur: Recht auf einen Arbeitsplatz im Ersten Arbeitsmarkt, Recht auf anständige Bezahlung.
  • Bedingungsloses Grundeinkommen statt Grundsicherung Hartz IV bzw. Bürgergeld
  • Ende der Beschämung von Armen! Ende der miserablen Behandlung auf den Ämtern, weniger Opfer der Digitalisierung!
  • Arbeitsstellen und Projekte durch den Staat: Verträge statt Almosen.
  • Sanktionsverbote für die kommenden 5 Jahre. Kindergrundsicherung sofort!
  • Regelsätze, die ausreichen zum Leben, ein Ende der „Vertafelung der Gesellschaft“, Indexierung der Leistungen der Sozialhilfe per Gesetz (siehe Österreich)!
  • Ende der Machtlosigkeit der Armen: Organisation der Armut im Rahmen sozialer Bewegungen, siehe auch den Marsch der Armen in den USA, die neue Bewegung in den USA darstellt..
  • Ende des sozialen Ausschlusses und nieder mit der Entkopplung der Menschen aus dem gesellschaftlichen Leben.
  • Plattformen und Eigenorganisationen der Armen, Soziale Bewegungen, Selbstmandatierung und Empowerment. Koalitionen des Widerstandes von Sozialem und Ökologie.
  • Sozialarbeit als Hilfe und Strukturelle Veränderung, Ende der fürsorglichen Belagerung
  • Ende des „Energiekrieges gegen die Bevölkerung“ und besonders gegen die Prekären und Armen, die zum Hauptverlierer der Energiepolitik werden.

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Direkte staatliche Sofort-Massnahmen:

  • Staffelung der Energiekosten nach Haushaltseinkommen: pro Person garantierten Grundbetrag, die Mehrkosten durch staatlichen Ausgleich.
  • Indexierung des Regelsatzes der Sozialhilfe, des SGB XII und des SGB II per Gesetz,
  • Sofortanhebung des Regelsatzes auf mindestens Euro 600.-
  • Kindergrundsicherung sofort in 2022 umsetzen: Ende der Versprechungen!
  • Mindestrente statt Armutsrente oder SGB XII!
  • Runder Tisch Baden – Württemberg: Landes- Armutsforum – Was kommt auf uns zu?
  • Einstieg in Bedingungsloses Grundeinkommen ab 2026, in Stufen bis 2040
  • Fortsetzung des 9.- Euro Ticket, Ausbau Bahn und ÖPNV! Menschenrecht auf Mobilität!
  • Ökologischen Umbau der Gesellschaft beschleunigen (Erneuerbare Energien, Produktion, Ressourcen, Diversität, Rettung Natur: Stopp der Vernichtung von Wald, Flüssen, Seen, Meere, Inseln etc.),
  • Wandel unserer Ernährung und Verbot der Massentierhaltung, Beschränkung der Lebensmittelindustrie,
  • Natürliche Nahrungsmittel statt „Fast Food“ und Billigprodukte der Konzerne
  • Steuerstreichung bei Lebensmitteln,
  • Ausbau Ökolandbau, Begrenzung Fischfang, Verbot von Robbentötung usw.
  • Naturnahe Gärten und Parkanlagen, Naturparks, Erhalt von komplexen Naturräumen, (Ausdehnung der Menschenrechte auf Naturräume zu Land und zu Meer)
  • Gesellschaftliches Lernen, Bildung als Lebensaufgabe, der Mensch als soziales Wesen mit dem Auftrag die Schöpfung zu achten, sie mit allen zu teilen.
  • Verbot von Krieg! Ziviler Widerstand anstatt Hochrüstung!

 

Landesarmutskonferenz Baden-Württemberg,

lak-bw e.v.  Arbeitskomitee der lak-bw , 04.06.2022 – 25.06.2022