Fachtag Prekäre Lebenslagen

                                 Die Wanderschuhe anziehen und unterwegs sein –

                         politische Teilhabe von Menschen in prekären Lebenslagen

Thesen des Netzwerkes Politische Bildung und für Menschen in prekären Lebenslagen

Als Entwurf zusammengestellt von Anja Dargatz und Doris Kölz

 

  • Politische Bildung hat zum Ziel, politische Teilhabe zu befördern (Beutelsbacher Konsens). Dies gilt auch und besonders für Menschen mit Armutserfahrung, die besonders stark von politischer und gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen sind.

 

  • Soziale Arbeit hat nicht nur die Aufgabe, Menschen in der unmittelbaren (Not)-Situation zu helfen, sondern sie als politisch emanzipierte Menschen anzunehmen und sie in ihrer Entwicklung hin zu Einmischung und Teilhabe zu unterstützen.
    • Sozialarbeit muss politischer werden, politische Bildung muss sozialer werden

  • Das Misstrauen von Menschen mit Armutserfahrung gegenüber öffentlichen/staatlichen Einrichtungen jedweder Art ist sehr groß. Die Unkenntnis seitens der Einrichtungen politischer Bildung über die Lebenssituationen und die Bedürfnisse von Menschen in prekären Lebenslagen ist ebenfalls groß.
    • Zwischen Einrichtungen der politischen Bildung und Menschen in prekären Lebenslagen muss als ersten Schritt Vertrauen aufgebaut werden. Dies geschieht über Vertrauenspersonen (Mittler).

 

  • Ziel ist es, die Stimme von Menschen in prekären Lebenslagen hörbar und die Menschen sichtbar zu machen, indem sie selbst die Stimme erheben (und nicht jemand anderes in ihrem Namen spricht). Die Lebenswelten von Menschen mit Armutserfahrung müssen bei politischen Entscheidungen ihren Platz haben.
    • Einrichtungen der politischen Bildung und der Sozialen Arbeit befördern politische Teilhabe von Menschen mit Armutserfahrung, nach Außen (Parlamente, Gemeinderäte, Ombudsstellen etc.) und nach Innen (Beratungsgremien, Feedback-Gespräche, vertrauensbildende Maßnahmen, etc)

 

  • Damit politische Bildung für Menschen mit Armutserfahrung nützlich im Sinne von Emanzipation und eigenständiger politischer Teilhabe ist, muss sie lebensnah sein: thematisch, räumlich, sprachlich.
    • Beratung – Bildung – Aktion sind die drei Säulen auf denen politische Bildung für Menschen in prekären Lebenslagen fußt.
      • Menschen brauchen Beratung für ihre akute Lebenslage. Diese wird eingebettet in den gesamtgesellschaftlichen Kontext: Welche Rechte hast du? In welchem Kontext ist deine aktuelle Situation zu verstehen? Du bist kein individuelles „Problem“, sondern deine Situation ist Ausdruck eines gesamtgesellschaftlichen Missstands (Solidarisierung- Isolation überwinden). Was kannst du – mit anderen – tun (Organizing)?
      • Themenauswahl an der Lebenswelt von Menschen in prekären Lebenslagen orientieren: z.B. Wohnraum, Grundeinkommen, Grundrechte, inklusives Bildungssystem
      • Verknüpfung von politischen Themen und Bildung (Aktion). Menschen in prekären Lebenslagen haben politische Forderungen. Diese sind aufzugreifen und pädagogisch aufzubereiten, so dass Betroffene sich zu diesem Themenbereich positionieren und ausdrücken können.
      • Massiver Ausbau der aufsuchenden politischen Bildung: niederschwellig, vor Ort, analog und digital
      • Niedrigschwellig bedeutet auch, in einem ersten Schritt Zugänge aufzuzeigen und zu öffnen (z.B. Gang ins Museum, in die Stadtteilbibliothek). Die muss nicht zwangsläufig ein Bildungsangebot zu einem bestimmten Thema zu einem bestimmten Datum bedeutet.

 

  • Diese Bedürfnisse erfordern angepasste Strukturen, um sie berücksichtigen zu können. Offene Prozesse benötigen Ressourcen die zunächst einmal kein sichtbares Output liefern, aber unabdingbar sind um die Schritte Vertrauen schaffen – Beratung/Information – Aktion  vollziehen zu können.
    • Einrichtungen der Sozialen Arbeit und der politischen Bildung brauchen einen verwaltungs und finanztechnischen Rahmen, um im Sinne dieser Bedürfnisse von Menschen in prekären Lebenslagen Angebote entwickeln zu können
      • Flexibilisierung von Abrechnungsgrundlagen seitens der Einrichtungen (intern) und der Zuwendungsgeber (extern) wie Unterrichtseinheiten oder Teilnehmertagen, Erstattung von Fahrtkosten für Teilnehmende, Ressourcen für Beratung mit Betroffenen, Änderung von Routinen etc.
      • Schaffung von politisch geförderten niederschwelligen Pilotprojekten in BW im Sinne einer Veränderung der Bildungsarbeit bestehender Institutionen.

 

 

Quellen:

Zusammenfassung LAK

Stuttgarter Manifest

Protokoll Hearing

Dokumentation Fachtag 2018

Protokoll Vorbereitungsworkshop 31.3.