Über 60 landesweit bedeutsame Verbände und Organisationen von Gewerkschaften, Religionsgemeinschaften, Betroffenenorganisationen und Berufsverbänden haben sich der Forderung nach einem Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) für Baden–Württemberg angeschlossen und den „Aufruf Diskriminierungsschutz gewährleisten –die Schutzlücke schließen“ (www.aufruf–ladg.de) unterzeichnet. Wir begrüßen, dass dieses Vorhaben nun im Koalitionsvertrag aufgenommen werden soll. Mit Erstaunen nehmen wir nun die gemeinsame Positionierung der Polizeigewerkschaften zur Kenntnis. Es gibtkeinen Grund, für eine aufgeregte Diskussion.
1.Es wird durch das LADG keine Klagewellegeben. Hier lohnt sich ein Blick nach Berlin, wo nach ebenfalls erhitzten Diskussionen im Vorfeld nun seit 10 Monaten ein LADG in Kraft getreten ist. Es gibt seither keine einzige bekannt gewordene Klage aufgrund des LADG.
2.Ein LADG ist kein Anti–Polizei–Gesetz. Von 239 Beschwerden mit Bezug auf das LADG in Berlin bezogen sich lediglich 40 auf die Polizei. Dies berichtete Dr. Doris Liebscher, Leiterin der Ombudsstelle in der Berliner Landesantidiskriminierungsstelle bei einer Informationsveranstaltung des Bündnisses am 26.04.2021. Sie betonte zusätzlich, dass die Zusammenarbeit zwischen Ombudsstelle und Polizei Berlin sehr positiv verlaufe.Beschwerdenmit LADG Bezugwurden von der Polizei unaufgeregt und professionell bearbeitet.Genauso wie von Hochschulen, Schulen, Ämtern, Verkehrsbetrieben.
3.Ein LADG steht nicht für einen Generalverdacht gegen Polizei oder andere staatliche Organisationen.Sie werden mit dem Gesetz lediglich zivilgesellschaftlichem Handeln gleichgestellt. Lara Track vom Antidiskriminierungsbüro Heidelberg kommentiert dazu aus der Beratungspraxis: „Folgendes ist für betroffene Personen absolut unverständlich: eine Situation, die am Arbeitsplatz, im Fitnessstudio oder beim Frisör eindeutig eine Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz darstellt, wird in der Schule, der Ausländerbehörde oder bei der Polizei anders bewertet. Hier fehlt der explizite Schutz vor Diskriminierung.“4.DasLADG konkretisiertdas im Grundgesetz festgeschriebene Verbot von Diskriminierungundbringt für alle mehr Klarheit und Rechtssicherheit.Die Polizei in Baden–Württemberg hat mit der Kampagne „NICHT BEI UNS“ ein deutliches Zeichen gegen Diskriminierung gesetzt undsosichtbar gemacht, dass trotz des Diskriminierungsverbotes im Grundgesetz Diskriminierung auch innerhalb der Polizei ein Thema ist. Aus Führungskreisen der Polizei hören wir, dass das Thema LADG dort nicht so aufgeregt diskutiert wird. Ein LADG schafft keine Verunsicherung, sondern im Gegenteil Rechtssicherheit für den öffentlichen Dienst.5.Die Beweislasterleichterung im LADG ist keine Beweislastumkehr.Bevor die Beschuldigten in einem Diskriminierungsfall beweisen müssen, dass es keine Diskriminierung war, muss die_der Kläger_in stichhaltige Indizien vorlegen, die von einem Gericht anerkannt werden müssen. In der Praxis führt dies nicht zu mehr Klagen, weil es in vielen Fällen kaum möglich ist, diese Indizien zweifelsfrei beweisen zu können. Im Übrigen ist diese Beweislasterleichterung in Rechtsverfahren, z.B. im Verbraucherschutz durchaus üblich, also auch keine Besonderheit des LADG. Da es sich bei der Antidiskriminierungsgesetzgebung um die Umsetzung europäischer Richtlinien handelt, muss das LADG diesen ohnehin gerecht werden.Andreas Foitzik von der LAG Antidiskriminierungsberatung betont: „Was wir brauchen, ist eine sachliche Diskussion mit allen, die von dem LADG betroffen sein werden. Die, die sich von dem LADG mehr Schutz erhoffen, und die, die in ihrem Handeln Rechtsicherheit brauchen. Dann werden wir mit dem LADG einen großen Schritt machen können.“LAG Antidiskriminierungsberatung Baden–Württembergundals Vertreter_innender über 60 unterstützenden Verbände des Aufrufs:Der PARITÄTISCHE Baden–WürttembergForum der Kulturen Stuttgart e. V. –Fachbereich AntirassismusGEW –Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft –Landesverband Baden–WürttembergGesellschaft gegen Gewichtsdiskriminierung (GgG) e. V.Landesarmutskonferenz Baden–Württemberg (LAK BW) e. V. Landesverband der kommunalen Migrantenvertretungen Baden–Württemberg (LAKA)Landesverband für Menschen mit Körper–und Mehrfachbehinderung Baden–Württemberg e. V. (LKVM)Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e. V. –Bundesverband und Regionalstelle Tübingenver.di Baden–Württemberg –LandesbezirksvorstandKontakt: LAG Antidiskriminierungsberatung Baden–Württemberg –www.lag–adb–bw.deArbeitsgruppe LADG Karimael Buledi, Anna Feldbein, Annette Ganter, Lara Track,Andreas Foitzik Ansprechpartner: Andreas Foitzik 0157 7166 4243andreas.foitzik@adis–ev.de