Weltarmutstag „Reichtum verpflichtet“

Die Armutskarawane stellte 2010 im „europäischen Jahr gegen Armut und Ausgrenzung“ folgende Forderungen auf:

10 Forderungen der Karawane 2010 gegen Armut und Ausgrenzung

Sieben Jahre später will die BBI diese Forderungen noch einmal genauer unter die Lupe nehmen und überprüfen ob sich etwas zum Positiven verändert hat. Dabei durften wir feststellen, dass sich nichts änderte – im Gegenteil.

Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.

Die Bundesbetroffenen-Initiative wohnungsloser Menschen fordert ein Soziales Europa, und stellte bereits im Rahmen ihrer Armutskarawane im Jahr 2010 fest, dass der Lissabon-Vertrag, welcher seit 01. Dezember 2009 in Kraft ist gescheitert ist. Das Ziel des Vertrages war es von Anfang an die Arbeit der EU transparenter, demokratischer und effizienter zu machen. Das Gegenteil ist der Fall. Europa spaltet sich immer mehr und denkt nur noch nationalistisch. Der überwiegende Teil der Staaten, allen voran Osteuropa, schottet sich ab, baut Mauern und führt eine Diktatur ein in der nur die Mächtigsten und Stärksten überleben. Die Demokratie wird abgeschafft, rechtschaffene Bürger(innen), die sich für Menschenrechte und Demokratie einsetzen, werden unter Vorwänden, wie zur Zeit in der Türkei üblich,  eingesperrt.  Damit gibt es europaweit kein „Recht auf ein gutes Leben“ für alle Menschen in Ausgrenzung, in Armut, Erwerbs- und Obdachlosigkeit.

 

 „Demokratie ist keine Glücksversicherung, sondern das Ergebnis politischer Bildung und demokratischer Gesinnung,“ sagte schon Theodor Heuss.

Die Garantien auf ein Leben in Freiheit, garantierten Rechten auf Gesundheit, Bildung, Arbeit, Wohnen, Existenzsicherung und gesellschaftliche Teilhabe, wie sie im Grundgesetz stehen, sind nicht (mehr) gewährleistet. Unternehmen und Großkonzerne stellen Arbeitnehmer nur noch befristet ein, zahlen Mindestlöhne.

Bildung und gesellschaftliche Teilhabe sind damit ganz ausgeschlossen. Für Menschen die auf der Straße leben, aus welchen Gründen auch immer, sind diese garantierten Rechte Makulatur. Sie haben noch nicht einmal mehr das Recht kostenlos einen Arzt aufzusuchen, wenn sie krank werden oder sind. Dr. Gerhard Trabert hat recherchiert, dass es im Bereich Wohnungslosigkeit einen sehr hohen Krankenstand von rund 90 % behandlungsbedürftigen Personen gibt und nur eine unzureichende medizinische Versorgung. Untersuchungen zur Mortalität deuten darauf hin, dass das durchschnittliche Sterbealter zehn bis 15 Jahre unter dem der Normalbevölkerung liegt.  „Es nützt nichts, das Geschwür am Bein des Obdachlosen zu behandeln und ihn danach wieder auf die Straße zu schicken“, sagte der britische Sozialepidemologe Sir Michael Marmot.

„(1) Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen, sowie das Recht auf Sicherheit im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität oder Verwitwung, im Alter sowie bei anderweitigem Verlust seiner Unterhaltsmittel durch unverschuldete Umstände.“ (Art. 25)

Bildung und Teilhabe ist für Menschen in Armut/Wohnungslosigkeit unmöglich. Vor einigen Jahren gab es in Berlin ein Experiment für Bildung von Wohnungslosen. Einzelne Einrichtungen haben versucht eine Uni für Wohnungslose zu etablieren um für sie Bildung und Teilhabe zu ermöglichen. Leider scheiterte dieses Konzept.  Aus diesem Grund fordert die BBI eine konkrete Aufnahme der menschlichen Grundbedürfnisse in die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland.

1) Jeder hat das Recht auf Bildung. Die Bildung ist unentgeltlich, zum mindesten der Grundschulunterricht und die grundlegende Bildung. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch. Fach- und Berufsschulunterricht müssen allgemein verfügbar gemacht werden, und der Hochschulunterricht muß allen gleichermaßen entsprechend ihren Fähigkeiten offenstehen.

(2) Die Bildung muß auf die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und auf die Stärkung der Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten gerichtet sein. Sie muß zu Verständnis, Toleranz und Freundschaft zwischen allen Nationen und allen rassischen oder religiösen Gruppen beitragen und der Tätigkeit der Vereinten Nationen für die Wahrung des Friedens förderlich sein

(3) Die Eltern haben ein vorrangiges Recht, die Art der Bildung zu wählen, die ihren Kindern zuteil werden soll. (UN-Menschenrechtscharta, Art. 26)

Armut hat viele Gesichter. Armut hat ein europäisches Gesicht. Armut in Europa gehört konsequent abgeschafft. „Prekarität ist überall!“.Dies stellte der französische Soziologe Pierre Bourdieu schon vor 20 Jahren fest als er im Dezember 1997 in Grenoble sein Buch „Das Elend der Welt“ vorstellte. „Im privaten und im öffentlichen Sektor wo sich die Zahl der befristeten Beschäftigung vervielfacht hat. Beinahe überall hat sie Wirkung gezeigt, die im Extremfall die Arbeitslosigkeit begründen.“ Armut und Prekarität haben 2 Gesichter: zum einen materielle Grundlagen, fehlende Absicherung, soziale Isolation um einige objektive Faktoren aufzuzeigen. Zum anderen spielen auch subjektive Sichtweisen wie z. B. mangelnde Anerkennung oder das eigene Schicksal eine Rolle.

„1) Jeder hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit.

(2) Jeder, ohne Unterschied, hat das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit.

(3) Jeder, der arbeitet, hat das Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert, gegebenenfalls ergänzt durch andere soziale Schutzmaßnahmen.“ (Art. 23)

Jeder Bürger steht mit seiner „Community“ alleine und isoliert da. Menschen, die gesundheitliche oder andere Probleme haben werden von unserer Gesellschaft ausgegrenzt und finden dadurch auch nicht mehr den Zugang zu Gemeinschaften, die Halt und Stärke geben.  Es findet zunehmend eine Spaltung der Gesellschaft zwischen Reich und Arm, zwischen Einheimischen und Migranten statt. Diese Ausgrenzung findet europaweit statt. In Vorarlberg wurde dazu eine Studie über „Bettelnde Notreisende“ erstellt: Unter bettelnden Notreisenden versteht man EU-Bürger die durch Europa reisen. Die Studie untersuchte in erster Linie zwei Fragen: „Wie viel Personen betteln? Wie gestaltet sich deren Lebenswelt?“

Kommunen haben eine besondere Verantwortung für die Ausgestaltung der sozialen, kulturellen und ökonomischen vor Ort. Dabei sind die Lebensbedingungen sozialer Minoritäten, Migranten und Menschen in Obdachlosigkeit und anderen vergleichbaren Lebenslagen konsequent zu fördern.  Dabei mache ich die Erfahrung, dass die Kommunen vielfach überfordert sind. Es gibt nicht genügend bezahlbaren Wohnraum damit Menschen die keine Wohnung haben ein Dach über den Kopf bekommen. Hier werden in aktuellen Krisen Bürger in Turnhallen oder anderen Veranstaltungsräumen untergebracht. Vielfach haben Kommunen ihre eigenen Grundstücke an Vermieter, Makler oder Wohnungsbaugesellschaften aus Geldmangel verkauft. Die Preisbindung des sozialen Wohnungsbaus, wie bis in die 70er Jahre praktiziert, läuft aus – Vermieter erhöhen jetzt aus Profitgier die Mieten. Städtische Wohnbaugesellschaften verkaufen ihren Bestand den sie in den 50er Jahren errichtet haben an Privatpersonen, um sich die Sanierungen der Häuser zu sparen.

Wohnen ist ein Menschenrecht  und jeder Mensch hat einen Anspruch auf eigenen Wohnraum.

www.menschenrechtserklaerung.de

Forderungen der Armutskarawane im Jahr 2010 und die Wirklichkeit 2017