Am 04. Juli lud das Bündnis „Stoppt Altersarmut“ zu einer Veranstaltung ins verdi-Haus Karlsruhe zum Thema Rente und Altersarmut ein. Zu dieser informativen und spannenden Diskussion mit Jendrik Scholz (DGB), Andreas Schwarz (Rentenversicherung Ba-Wü), Florian Blank (Hans-Böckler-Stiftung) und Roland Singh (VdK) kamen ungefähr 50 Gäste.
Das baden-württembergische Bündnis gegen Armut im Alter wurde im April 2017 von Gewerkschaften, Sozialverbänden und Basis-Organisationen gegründet und besteht mittlerweile aus 33 Bündnispartnern. Die Landesarmutskonferenz Baden-Württemberg ist eine davon. Sie alle machen darauf aufmerksam wohin unser bisheriges Rentensystem steuert und wollen eine Änderung erreichen.
Die Moderatorin Susanne Wenz von der verdi Landesleitung Baden-Württemberg führt in ihrer Begrüßungsrede aus: „Wir reden nicht von der Rente der älteren Generation, sondern von der Rente der Jungen, welche 50 Jahre und jünger sind. Wir wollen auf die besondere Problematik aufmerksam machen von der alle gesellschaftlichen Schichten erfasst sind. Altersarmut ist momentan noch nicht das große Problem aber für unsere nachfolgenden Generationen zu denen unsere Kinder und Enkelkinder gehören wird dieses kein Drohgespenst mehr sein sondern Wirklichkeit.“
mit Logos und Grafik – Rente Bündnispapier – Entwurf_Stand 30.03.17
Andreas Schwarz von der Rentenversicherung Baden-Württemberg kann dem nur zustimmen und erklärt: Die künftigen Rentner welche ab 2030 in den Ruhestand gehen werden in die Grundsicherung hineinlaufen. Auch wenn heute nur 3 % der älteren Bevölkerung Grundsicherung beziehen so wird Altersarmut in den nächsten Jahren immer mehr zunehmen.
Die Altersarmut ist eine Falle aus der man nicht mehr herauskommt. Vor allem Frauen und kranke Menschen werden davon immer mehr betroffen sein, weil sie zum einen vielfach in Teilzeit gearbeitet haben oder/und krank werden. Die Zuzahlungen im medizinischen Bereich werden immer mehr zunehmen – ein älterer Mensch mit wenig Geld kann sich dies nicht mehr leisten. Auch deshalb, weil die Lohnsteigerungen die ein Arbeitnehmer hat nicht an die Rente weiter gegeben wird und die Lebenshaltungskosten insgesamt steigen.
Die Grundsicherungsrente liegt für einen Alleinstehenden bei rund 790 Euro. In diesem Betrag sind auch Miete und Nebenkosten enthalten, wie Andreas Schwarz weiter ausführt. Aber die Rente, welche 1957 eingeführt wurde, ist nicht erfunden worden um nach 45 Jahren Beitragszahlung vor Armut zu schützen.
Jendrik Scholz vom DGB erklärt dass Rente und Arbeitspolitik zusammen gehören. Eine gute Arbeit zu einem existenzsichernden Lohn verhindert langfristig Altersarmut. Aber prekäres Arbeiten, wie es heute üblicherweise praktiziert wird, ist verantwortlich für Armut. Jeder 2. Arbeitnehmer ist davon betroffen. Statistiken zeigen auf dass es 750.000 Minijobber, davon 75 % Frauen, 120.000 Leiharbeiter und mehr als 1 Million Arbeitnehmer in Teilzeit gibt.
Um oberhalb der Grundsicherung zu leben müssen gleichbleibende Löhne von mindestens 11,50 Euro/Std 45 Jahre lang bezahlt werden.
Der DGB schlägt verschiedene Lösungsansätze vor die verhindern sollen dass Altersarmut entsteht:
- gute Arbeit die mit Tariflöhnen bezahlt werden
- starke Gewerkschaften
- die Rente muss stabilisiert werden, der Sinkflug muss gestoppt werden
- das Beitragssystem muss gestärkt werden
- andere Einkommensarten sollen ebenfalls in die Sozialversicherung einbezogen werden
Auch der VdK schließt sich dem an. Roland Singh führt dazu aus: Die Rente muss zum Leben reichen. 20,5 Millionen Rentnerinnen und Rentner leben in Deutschland. 5,7 Millionen Menschen über 55 Jahre sind von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Die gesetzliche Rente muss Altersarmut verhindern und zukunftssicher gemacht werden. Davon profitieren auch künftige Generationen von Rentnerinnen und Rentnern.
Er fordert:
- Talfahrt des Rentenniveaus bei 48 Prozent stoppen: Die Renten müssen wieder ohne Abstriche den Löhnen folgen. Sonst erreichen immer weniger Menschen eine auskömmliche Alterssicherung.
- Erwerbsminderung darf nicht zur Armutsfalle werden: Die Abschläge von bis zu 10,8 Prozent müssen bei Neu- und Bestandsrenten entfallen.
- Freibetrag für Grundsicherungsbezieher einführen: Dieser muss für Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung, wie beispielsweise die Mütterrente, gelten.
- Rente für Geringverdiener erhöhen: Die Rente nach Mindesteinkommen muss befristet verlängert werden, um der Gefahr wachsender Altersarmut entgegenzuwirken.
- Mütterrenten vollständig angleichen: Die älteren Mütter müssen wie die jüngeren drei statt bisher nur zwei Kindererziehungsjahre für die Rente angerechnet bekommen.
- Selbstständige in die Rentenversicherung einbeziehen: So können Selbstständige ohne Altersabsicherung in Versorgungseinrichtungen vor Altersarmut geschützt werden.
Florian Blank von der Hans-Böckler-Stiftung meint „Wir sind in Deutschland mit den Problemen der Demographien nicht allein, aber unsere Nachbarn in Europa machen vieles anders.“ Der internationale Vergleich zeigt dass Deutschland Schlusslicht ist. Als Beispiel nannte er Dänemark und die Niederlande.
In Dänemark erhält jeder Rentner, der mindestens 30 Jahre in Dänemark gewohnt hat, die staatliche Altersrente, die durch Steuern finanziert wird. Hierfür sind keine gesonderten Beiträge abzuführen. Die Rente besteht aus einem Grundbetrag sowie einer möglichen Zulage, je nach den Vermögensverhältnissen des Rentners und je nachdem, ob der Rentner im eigenen Haus oder zur Miete wohnt.
Wer in den Niederlanden lebt, hat mit dem 65. Lebensjahr Anspruch auf eine Grundrente, die das Existenzminimum abdeckt. Unabhängig davon, ob er jemals Beiträge gezahlt hat, bekommt er 45 Prozent seines Durchschnittslohns und mindestens 70 Prozent des Nettolohns für einen Alleinstehenden. Im Wesentlichen können drei Säulen der Alterssicherung unterschieden werden: Die angesprochene Grundrente bildet die erste Säule. Eine Grundrente hat ein Niederländer in maximal 50 Jahren aufgebaut. Die zweite Säule betrieblicher Zusatzrentenversicherungen ergänzt diese, ist aber nur Arbeitnehmern zugänglich. Schließlich wird die Rente durch eine private Altersvorsorge aufgestockt.
In der anschließenden Diskussion sprachen die Zuhörer unter anderem auch die veröffentlichte Rentenstudie der Bertelsmann-Stiftung an. Auch hier kommt man zu dem Schluss dass es künftig immer mehr arme Rentner gibt. Vor allem die heutige Babyboomer-Generation (Jahrgänge 1955 – 1969) werden davon betroffen sein.
www.rbb-online.de/politik/beitrag/2017/06/bertelmannstudie-altersarmut.html