Armut wirkt sich negativ auf die Gesundheit aus und begünstigt die Entstehung von Krankheiten. In der öffentlichen und politischen Wahrnehmung spielt dieser Zusammenhang dennoch nur eine geringe Rolle. Auch für Deutschland – einem der reichsten Länder der Erde – gilt: Armut bedeutet mehr als den Verzicht auf Konsumgüter. Vielmehr bedeutet Armut häufig physisches und psychisches Leid, höhere Erkrankungsraten und eine signifikant geringere Lebenserwartung. Beispielsweise belegt die Gesundheitsberichterstattung des Bundes, dass armutsgefährdete Menschen ab dem 45. Lebensjahr häufiger Schlaganfälle, Herzinfarkte, Diabetes mellitus, Hypertonien und Depressionen erleiden als Personen in ihrem Alter, die materiell abgesichert sind
Menschen mit geringen finanziellen Möglichkeiten leiden in existenzieller Weise an den Gesundheitsausgaben, die sie aus ihren nicht bedarfsdeckenden SGB-II- bzw. SGB-XII-Leistungen (Grundsicherung für Arbeitssuchende, Sozialhilfe, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) bestreiten müssen.
Gesundheitliche Ausgaben stellen Menschen mit geringem Einkommen deshalb vor unüberwindbare Finanzierungsprobleme.
Arm zu sein bedeutet eine große psychosoziale Belastung. In unserer leistungsbezogenen Gesellschaft wird der Wert eines Menschen oft über die Arbeitsstelle und das Einkommen definiert. Vor diesem Hintergrund werden von Armut bedrohte und betroffene Menschen häufig als Leistungsverweigerer stigmatisiert. Bei den betroffenen Menschen führt das oft zu zu einem sinkenden Selbstwertgefühl, das zu Krankheitsbildern wie Depressionen und Angststörungen führen kann. Zudem ist die Selbstmordrate unter sozial Benachteiligten deutlich erhöht.
Auch die Sterberate ist bei armen Menschen deutlich höher. Nach Studien des RKI sterben arme Männer in Deutschland im Durchschnitt elf Jahre früher als ihre nicht armen Geschlechtsgenossen. Arme Frauen sterben durchschnittlich acht Jahre früher als nicht arme Frauen. Bei wohnungslosen und obdachlosen Menschen ist die Situation noch dramatischer.
Dieser Zustand widerspricht dem Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, der in mehreren Urteilen (2010, 2014) vom Bundesverfassungsgerichts betont wurde und auch Gegenstand internationaler menschenrechtlicher Vereinbarungen wie dem UN-Sozialpakt und der EU-Sozialcharta ist. Darum fordert die Nationale Armutskonferenz die politisch Verantwortlichen in Deutschland zum Handeln auf, um die gesundheitliche Versorgung für alle in Deutschland Lebenden unabhängig von Einkommen und sozialem Status zu gewährleisten:
GBE kompakt 1/2016: Gesundheitliche Ungleichheit im höheren Lebensalter und GBE kompakt 2/2014:
Soziale Unterschiede in der Mortalität und Lebenserwartung