„Bewegte Zeiten – Existenzsicherung und Teilhabe“ ist das Kongressthema 2016 in Erfurt. In den vergangenen Jahren gab es wesentliche Veränderungen in den sozialen Sicherungssystemen, in überwiegenden Fällen nicht zum Vorteil der betroffenen Menschen. Direkte Auswirkungen lassen sich beispielsweise anhand einer zunehmend schwieriger werdenden Wohnraumversorgung einkommensarmer und anderer mit Zugangsschwierigkeiten belasteten Menschen beobachten. In den kommenden Jahren ist mit weiteren Um- und Einbrüchen zu rechnen. Schwierig einzuschätzende gesellschaftliche Veränderungen machen vielen Menschen Angst, dass sich ihre Lebenssituation weiter verschlechtert.
„Bewegte Zeiten“ scheint dem Evangelischen Bundesfachverband Existenzsicherung und Teilhabe e.V. (EBET) Wohnungsnotfall- und Straffälligenhilfe als Kongressthema programmatisch, denn vieles ist in Bewegung und noch weiß niemand präzise zu benennen, zu welchen Ausformungen sich die verschiedenen Strömungen und Interessen verfestigen:
■ Werden sich die großpolitischen Mehrheitsverhältnisse grundlegend ändern und welche sozialpolitischen Auswirkungen können sich daraus ergeben?
■ Wie muss eine Wohnungspolitik gestaltet sein, damit sie eine gewünschte soziale Wirkung entfaltet?
■ Kann ein Wohnungsmarkt in Ballungsräumen ohne marktfremde Steuerung seine Aufgabe erfüllen, der er bereits jetzt nicht mehr gewachsen ist?
■ Wenn über den normalen Wohnungsmarkt für einkommensärmere Menschen aktuell kaum ein Zugang zu angemessenem Wohnraum möglich ist, kann dann selber bauen eine Teillösung für die Wohnungs
notfallhilfe sein?
■ Sind die neuen Dynamiken der Wohnraumbereitstellung, die in Verbindung mit Zuwanderung entstehen, nur Fluch oder können sie auch Segen sein für bisher in der breiten Masse konsequent ausgeschlossene Wohnungssuchende wie beispielweise wohnungslose Menschen?
Wenn Dinge in Bewegung sind, ergeben sich neue Anforderungen, häufig aber auch neue Lösungen. In den Jahren vor den aktuellen Wanderungsbewegungen ist der Ruf nach Schaffung und Erhalt von preiswertem Wohnraum wirkungslos verhallt. Immerhin scheint nun
nach und nach auf kommunaler Seite ein Umdenken erkennbar. Mit geflüchteten Menschen hat die Wohnungsnotfallhilfe gehäuft bislang lediglich in Notunterkünften und bei niedrigschwelligen Angeboten zu tun. Das ändert sich rapide. Zu den EU-Bürger*innen in Not, die in Diensten und Einrichtungen der Wohnungsnotfallhilfe vorsprechen, kommen vermehrt Menschen, die als Asylbewerber*innen ins Land gekommen sind und inzwischen ihre Anerkennung erhalten haben. Sie müssen die Über
gangseinrichtungen verlassen und suchen ebenfalls auf dem Wohnungsmarkt preiswerte Wohnungen. Viele brauchen Hilfe zur Über
windung besonderer sozialer Schwierigkeiten, bringen aber oft andere Biographien und Lebensgeschichten mit, die ergänzende Hilfeansätze erfordern und erweiterte Anforderungen an die Mitarbeitenden stellen.
Eine wirtschaftlich gesicherte Existenz und die Möglichkeit der Teilhabe an der Gesellschaft sind Grundvoraussetzungen für ein gelingendes und aktiv zu gestaltendes Leben in einer sozialen Gemeinschaft. Wie aber werden sich die aktuellen großen Reformvorhaben, Bundesteilhabegesetz und das Mogelpaket Rechtsvereinfachungsgesetz auf die praktische Arbeit auswirken? Wie lässt sich Teilhabe verwirklichen, wenn der Alltag durch
Existenzsicherung geprägt ist?