Millionen Menschen hungern, gehen nicht zur Schule, haben keine ärztliche Versorgung oder kein Dach über dem Kopf. Armut hat viele Gesichter, doch eines verbindet die Armen in aller Welt: Ihre Menschenrechte werden mit Füßen getreten.
Wer nie lesen gelernt hat, kann seine Rechte nur schwer einklagen und damit sein Leben in Not kaum überwinden.
Arme werden schneller diskriminiert, an den Rand der Gesellschaft gedrängt und in ihren Menschenrechten verletzt. Diese Verletzung ihrer Rechte hindert sie wiederum daran, für angemessenen Lebensstandard, Bildung oder Arbeit zu kämpfen. Der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan resümiert: Wo Familien mit weniger als einem Dollar am Tag überleben müssen oder Kinder mangels elementarer Fürsorge sterben, wirkt die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte bestenfalls heuchlerisch. Nur ein Leben ohne Not kann verhindern, dass jemand Opfer von Menschenrechtsverletzungen wird. Amnesty International kämpft deshalb dafür, den Teufelskreis von Armut und Menschenrechtsverletzungen zu beenden.
In UN-Dokumenten werden drei Formen extremer Armut unterschieden. Demnach sind Menschen extrem arm:
- wenn ihnen das Einkommen fehlt, um ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen;
- wenn sie ohne Bildungsmöglichkeiten und ausreichende Gesundheitsversorgung leben und deshalb notwendige Fähigkeiten nicht ausbilden und einsetzen können;
- wenn sie nicht in Würde am Leben ihrer Gesellschaft teilnehmen können.
Extreme Armut ist also unvereinbar mit den Menschenrechten, die im UN-Sozialpakt von 1966 festgeschrieben sind: mit dem Recht auf Nahrung, Gesundheit und Bildung; dem Recht auf einen angemessenen Lebensstandard und ein Leben in Würde. Wer aber trägt hier die hauptsächliche Verantwortung? Die Regierungen, denn sie sind verpflichtet, die Menschenrechte zu achten, zu schützen und zu erfüllen.
Die Menschenrechte achten heißt, dass die Staaten selbst den Menschen nicht die Lebensgrundlage nehmen dürfen, indem sie sie zum Beispiel von dem Land vertreiben, von dem sie leben. Sie müssen die Menschen aber auch vor Übergriffen anderer schützen – zum Beispiel vor Unternehmen, welche die Umwelt zerstören und damit Lebensgrundlagen vernichten. Und sie müssen ihre Möglichkeiten zur Bekämpfung der Armut einsetzen, auch wenn die Mittel knapp sind.
Amnesty International unterstützt Menschen in aller Welt darin, all diese Rechte einzufordern. Damit wollen wir dem großen Ziel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte näherkommen: dass alle Menschen ein Leben frei von Furcht und Not führen können.