Das Leben mit einen Regelsatz von Hartz 4 empfinde ich menschenunwürdig
Aus der Sicht einer Frau die mit einer Behinderung lebt, alleinerziehend war (die Kinder sind nun erwachsen) – und die selber eine – zum Glück – kurze Zeit von Hartz 4 mit ihren Kindern leben musste.
Das Leben mit einen Regelsatz von Hartz 4 empfinde ich menschenunwürdig – es verhindert die volle Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, ist mit Scham verbunden und lässt einen Menschen schnell in einen Teufelskreis kommen – von Armut und Krankheit, lässt einen mut- und antriebslos werden, wenn der Mensch gleichzeitig aus menschlichen Netzwerken heraus fällt, das Gefühl bekommt, nichts wert zu sein und ihm das Gefühl vermittelt wird, er lebe auf Kosten der Gesellschaft und wolle eigentlich auch gar nicht arbeiten.
Bei einem Menschen mit Behinderung kommen dann noch zusätzlich Barrieren die Teilhabe am Leben verhindern hinzu.
Wie die Barrieren vor öffentlichen Gebäuden, oftmals kein barrierefreier ÖPNV, mangelnder barrierefreier und bezahlbarer Wohnraum, Zuzahlungen für Hilfs – und Heilmittel, Dinge des täglichen Lebens – wie kleine Reparaturen können nicht selbst erledigt werden, mensch mit Behinderung kann sich nicht einfach auf das Rad schwingen –d.h. er sitzt oft mehr oder weniger in seiner Wohnung fest.
Und – die Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt – sind für Menschen mit Behinderung – trotz guter Berufsausbildung – nach wie vor schlecht.
Im 4. Armutsbericht der Bundesregierung fehlt völlig der Teilhabebericht von Menschen mit Behinderung – auch wird nicht auf die besondere Lebenssituation eingegangen.
Es wird nicht auf die Situation von Frauen und Männern eingegangen, die mit Behinderung leben, die mit persönlicher Assistenz oder weiteren einkommens – und vermögensabhängigen Leistungen leben und infolgedessen kein „Reichtum“ erwirtschaften können.
So weist auch der Sozialverband VdK darauf hin, dass Menschen mit Behinderung ins finanzielle Abseits geraten, was im Widerspruch zur UN-BRK steht.
Armut und Behinderung: im dritten Armutsbericht der Bundesregierung ist nachzulesen, dass über ein Drittel der alleinlebenden Menschen mit Behinderung im Alter von 25 – 45 ein Haushaltsnettoeinkommen von unter 700 Euro zur Verfügung hat. ( bei Gleichaltrigen ohne Behinderung sind es 19 Prozent).
Es gibt viele alleinerziehende Mütter mit behinderten Kindern – das Armutsrisiko beginnt schon in der Familie – so beträgt das Haushaltsnettoeinkommen sehr oft 1200 € weniger als das Durchschnittseinkommen. Wer sich um ein behindertes Kind kümmert, hat noch weniger Chancen auf dem ohnehin dünnen Arbeitsmarkt für alleinerziehende Mütter – viele Mütter sind daher auf Hartz 4 angewiesen.
Auch Kinder kommen kaum aus der Armutsspirale raus. So sinkt statistisch gesehen, die Wahrscheinlichkeit, mit einer Behinderung Abitur zu machen, um die Hälfte, die Chance auf einen Hochschulabschluss gar um ein Drittel. Mangelnde Qualifizierung führt zu schlechten Berufsaussichten.
Vor diesem Hintergrund ist die Einführung einer sog. Regelbedarfsstufe 3 bei den Hartz 4 Leistungen nicht nachvollziehbar. Für erwachsene Mitglieder in Haushaltsgemeinschaften erfolgt eine Kürzung des Regelbedarfs auf 80 % des Regelbedarfs eines Alleinstehenden. Der Regelsatz wird also um 73 € gekürzt. Damit werden Menschen mit Behinderung in Wohngemeinschaften oder im elterlichen Haushalt lebende erwachsene Menschen mit Behinderung deutlich benachteiligt.
Hohe Arbeitslosigkeit
Auch auf dem Arbeitsmarkt bleibt die Inklusion von Menschen mit Behinderung auf der Strecke – 2011 waren es 5,7 % mehr als im Februar 2010 – durch die Umwandlung von Pflicht – in Ermessensleistungen in den Arbeitsagenturen vor Ort werden die beruflichen Wiedereingliederungsmaßnahmen stark gekürzt werden für Menschen mit einer Schwerbehinderung.
Aus der Armutsfalle auszubrechen ist für Menschen mit Behinderungen schwerer als für von Armut betroffene Menschen ohne Behinderungen. Sie haben meist keine Möglichkeit dem unterstützenden Sozialsystem zu entkommen.
Menschen mit Behinderungen brauchen einen bedarfsdeckenden einkommens- und vermögensunabhängigen Ausgleich für behinderungsbedingte Nachteile. Erst dann können wir von Chancengleichheit sprechen.
Das Übereinkommen über die Rechte der Menschen mit Behinderungen der Vereinten Nationen (UN-Behindertenrechtskonvention) schaffte die notwendigen rechtlichen Vorgaben. Nun liegt es an uns allen, die Forderungen im Alltag umzusetzen.
Die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen verbietet Diskriminierung
Am 26.03.2009 trat das Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderung der Vereinten Nationen, kurz die UN-Behindertenrechtskonvention, in Deutschland in Kraft. Bund und Länder haben sie ratifiziert, damit ist sie bis auf die kommunale Ebene bindend. Nun müssen Maßnahmen getroffen werden, um schrittweise die volle Verwirklichung der in der UN-Behindertenrechtskonvention stehenden wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu erreichen. Andere Verpflichtungen aus der UN-Behindertenrechtskonvention sind nach dem Völkerrecht sofort anzuwenden. Bereits in der Präambel der UN-Behindertenrechtskonvention wird darauf hingewiesen, dass „die Mehrzahl der Menschen mit Behinderungen in einem Zustand der Armut lebt“. Weiter heißt es, „dass die nachteiligen Auswirkungen der Armut auf Menschen mit Behinderungen dringend angegangen werden müssen“.