Reinhold Gall, Noch-Innenminister (SPD), ist mit großem Gefolge angereist – Fachreferat, Pressestelle – zum wahrscheinlich letzten größeren Auftritt als Minister in Pforzheim. Hier hat er sich mit der Polizeireform ebenso wenig Freunde gemacht wie mit der Umwandlung des Jugendgefängnisses in die einzige Abschiebehaftanstalt des Landes. Lokalpolitiker aller Couleur wandten sich gegen beide Entscheidungen – ohne Erfolg. An diesem Nachmittag (01. April 2016) nahmen Gall, Nicolette Kressl, Chefin des Regierungspräsidiums Karlsruhe, und Vollzugsleiter Hans-Peter Paukner die Einrichtung an der Rohrstraße in Betrieb.
Am Samstag und Sonntag kommen die ersten Abschiebehäftlinge in den Umbau, Anfang der kommenden Woche gesellen sich acht weitere aus Ingelheim dazu – es sind somit die ersten 21 von später einmal 80 Männern, die bereits mehrfach einer Ausreiseaufforderung nicht nachgekommen sind. „Diese Menschen sind in der Regel keine Straftäter“, sagt Gall bei der dem Rundgang vorgeschalteten Pressekonferenz. Einen Vertreter der Stadt wird er nicht zu Gesicht bekommen – keiner da. Was noch an Knast erinnert, sind die hohen Mauern, die Stacheldrahtkronen auf den Mauerkronen, die Gitter vor den Fenstern – und der Einschluss über Nacht.
Wecken ist um 7 Uhr, um 8 Uhr wird das Frühstück in die Gemeinschaftsküche geliefert, danach steht der Tag zur freien Verfügung. Als „Mosaikstein des Rückkehr-Managements“ bezeichnet Regierungspräsidentin Kressl die Abschiebehaftanstalt.
Sie war nötig geworden, weil der Europäische Gerichtshof im Juli 2014 entschieden hatte, dass eine gemeinsame Unterbringung von Strafgefangenen und Abschiebehäftlingen in einer Justizvollzugsanstalt unzulässig sei. Von da an war die Einrichtung in Mannheim hinfällig – und Pforzheim die am schnellsten zu realisierende und verkehrsgünstigste Option.
Im ersten Quartal dieses Jahres wurden bislang 740 ausreisepflichtige Ausländer aus Baden-Württemberg abgeschoben; über 1000 reisten freiwillig aus.